Das halbe Dutzend ist bereits voll: Diese sechs Schweizer Platten gehören in deinen Plattenkoffer.
Es ist kaum ein Monat her, da haben wir die GDS Awards 2016-Lachse verteilt. Unter anderem für den besten Clubtrack des Jahres. Den hat ja bekanntlich Jimi Jules gleich zweimal (verliehen einerseits vom Publikum, andererseits von der Jury) eingeheimst. Auf diesen Lorbeeren ausruhen darf sich unser Lieblingsstrahlemann aber auf keinen Fall. Denn bereits in den ersten Wochen dieses noch jungen Jahres sind schon eine Handvoll Releases erschienen, die nicht nur die hiesige Clublandschaft ganz gewaltig rocken. Ehrlich gesagt, die sechs hier vorgestellten Platten sind eigentlich alles schon mal Anwärter für die nächsten Lachse in gut 11 Monaten. Los gehts.
Angefangen bei HOVE, der bei unseren Awards für seinen Erstling „Journey To Arendal“ nominert war und nun gleich fulminant nachlegt mit der Nummer 6 seines eigenen Labels Light Of Other Days. „Portes Du Soleil“ gefällt mir tatsächlich fast noch etwas besser als der bereits schon extrem stimmige Vorgänger. Zwei der vier neuen Tracks sind dem zuzuordnen, was man mittlerweile die Berner Schule der Schweizer Housemusik nennen kann. HOVE zeichnet sich als deren Vordenker aus; seine Soundästhetik, seine Experimentierfreudigkeit und seine Liebe für Ambient (auf den anderen beiden Stücken der EP) machen ihn zu einem der spannendsten elektronischen Künstler weit über die Grenzen der Schweiz hinaus. Und das ist ja erst der Startschuss für alles, was man dieses Jahr via LOOD erwarten darf.
Eine weitere EP die bestens zeigt, wie raffiniert und lebendig die Schweizer Clubmusik gerade ist, erschien soeben auf Mistress, dem Label vom Berghain-Resident DVS1. Die vier Technonummern von Look Like werden dessen ruhmreichen Aufstieg in den letzten zwei Jahren kaum Abbruch tun. Im Gegenteil: Der DJ/Produzent aus Zürich mit kolumbianischen Wurzeln hat ja bereits mit Veröffentlichungen auf Drumpoet Community und seinem eigenen Label Akoya Circles für internationales Aufsehen gesorgt. Für mich ist „You Dub“ das Highlight der Platte, für andere wird bestimmt „Control“ zu einem dieser Banger, die man in diesem Jahr noch des öfteren auf dem Dancefloor liebend gern um die Uhren geschlagen kriegt.
Dann wären da noch gleich zwei Veröffentlichungen auf Drumpoet Community, welches wohl auch dieses Jahr wieder zum Zirkel der besten Label landesweit gehören wird. Dario & Dersu, zwei der Köpfe hinter dem Basler Kollektiv Alma Negra, haben eine EP für das Zürcher Label abgeliefert, die von vorne bis hinten einfach nur Spass macht. Vier grandiose Tracks für den euphorisierten, aber von Testosteronüberschuss verschonten Dancefloor. „All The Love To You“ ist der Anspieltipp für Moodymann. Eine Spur deftiger fällt die erste EP von Manuel Fischer für Drumpoet aus. Die heisst „Iris“ und ist nach Fischers beinahe gleichzeitigem Release auf seinem eigenen Imprint Ozelot Ltd. („Black Belt Academy“ zusammen mit Prioleau) ein superfettes Ausrufezeichen hinter die Erwartungen an den Hype um ihn. Als DJ ist er ja mittlerweile (gemäss unserem Publikum-Award) der beliebteste weit und breit, als Produzent ein unbeschriebenes Blatt, das sich nun bereits mit seinem vierten Release zur ernsthaften Grösse in der hiesigen Szene mausert. „Forellus“ ist für mich so ein Track, den man wohl auch noch in zehn Jahren spielen kann und jeder will vom DJ wissen „was das gerade gewesen“ ist. Instant Classic sozusagen!
Dem nicht genug, gibts nun auch noch das Sublabel von hommes du monde, dem Label unserer Freunde und Setblöcklern von 45rpm.ch, namens Underground Soul. Und auf eben diesem Label darf Azul Loose Ties die Nummer Eins machen. Der Berner, eine Hälfte von Frank Spirit, ist einer dieser Abgänger der oben erwähnten Berner Schule des House. „Ease“ ist mit Garantie ein Stück das auch HOVE gefällt. Aber nicht nur ihm, denn genau so wie all die drei Tracks hier klingt halt momentan einfach Musik, die modern sein, die grooven und die Clubs sexier machen will. Schlicht nur grossartig, was hier der Berner auf dem jüngsten Schweizer Label abfeiert.
Das mit dem Hum Records-Plattenladen verbundene Label Ish Records meldet sich (nach kurzer Verschnaufspause) auch just gerade mal wieder zu Wort. Mit Pablo Colors EP „Viajando“ hat das Zürcher Label einen absoluten Glücksgriff gelandet. Deshalb machte sich auch gleich Kejeblos an die Sache und steuert einen Remix bei, der die 360°-Inhouse-Phantom Island-Dub-Pferdekur abkriegt, inklusive Keys von Lexx und Bass von Fu. Eine nicht nur in der Verpackung schön aufgemachte Platte, auch bei der Produktion hat sich Pablo Color nicht im Langweiler-Genre „Balearic“ verirrt, sondern mehr dem Experimentellen statt dem Gefälligen gehuldigt. Trotzdem oder gerade deswegen empfehle ich „The Guitar And The Sea“ mal auch hochgepitcht auf 45, Minus 8 zu hören.
Das sind ja wirklich schon mal die allerbesten Anzeichen und Beweise dafür, dass 2017 für die Schweizer Musikszene ein tolles Jahr wird. Zumindest was die Clubmusik betrifft. Diesbezüglich erwarten uns ja auch bald schon Releases von eben Frank Spirit, eine weitere Veröffentlichung auf dem jungen Label Ozelot Ltd (Abdel Hady und Manuel Fischer), neues aus dem Hause Phantom Island, einiges von Melodiesinfonie und seinem Label Boyoom Connective, aber auch von Vehikeln wie Bons Vivants, Hot Jam, Blau Blau, Nice Try, Raoul Records und wie sie alle heissen. Keep it coming.
von Honey-K.
All die erwähnten Releases sind über die üblichen Kanäle auf Vinyl oder digital erhältlich. Die meistens davon auch in deinem Plattenladen um die Ecke. Die Veröffentlichung auf Underground Soul und die EP von Dario & Dersu erscheinen in Kürze.
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