Nur Frauen. All Dezember long. Ist das gut? Schliesst das aus? Wird frau so bevorzugt behandelt? Wir wissen es nicht und eigentlich ist das auch alles völlig egal. Bei reinen Männer-Line-Ups fragt das auch niemand. Es würde auch nur wenigen auffallen und keiner Erklärung bedürfen. Warum haben wir uns im Dezember also für eine 100%-Frauenquote entschieden?
Ich glaube, dass eine der Hauptursachen dieser groben Ungleichheit (Unterrepräsentation der Frauen hinter dem DJ-Pult) vor allem in der Erziehung und in den Einflüssen im jungen Alter liegt. So habe ich mich selber schon dabei erwischt, wie ich meinem Gottimeitli etwas anderes schenke (herziges Kleidli!) als meinem Neffen (coole Eisenbahn!) – was wohl rein traditionell bedingt, also eigentlich komplett bescheuert ist. Solche Beispiele und die immer noch sehr klare Rollenverteilung in Massenmedien, Filmen oder der Werbung führen unter anderem dazu, dass es für viele junge Frauen nach wie vor mehr Überwindung braucht und höhere Hürden überstiegen werden müssen, um einen sogenannten technischen Beruf (wozu ich Produzent*innen, Liveacts und DJs zähle) ausführen zu können.
Nun kann man argumentieren, dass es doch dafür in anderen Berufen mehr Frauen gibt und dass es völlig egal sein sollte, welches Geschlecht die Leute beim Auflegen haben, Hauptsache alle können das tun, was sie wollen, und dass in der Schweiz diese Möglichkeit ja (zumindest in der Theorie) allen offensteht. Also eigentlich all good – warum denn einen Monat lang ausschliesslich Frauen buchen?
Die Unterrepräsentation von Frauen im Nachtleben (auch als Veranstalterinnen und/oder Clubbetreiberinnen) ist eine Tatsache, die nicht etwa mit mangelndem Talent zu tun hat, sondern mit bereits bestehenden Strukturen, der Sozialisierung und fehlenden Möglichkeiten. Und dieser Ungleichheit muss man entgegenwirken, weil wir in diesen Fragen als Gesamtgesellschaft in der Verantwortung stehen, Feminismus uns alle etwas angeht – und ich im Spezifischen in dieser Branche nicht mehr fast ausschliesslich mit gleichaltrigen Männern zu tun haben will. Eine solche Massnahme scheint mir demnach mehr als angebracht, auch wenn das natürlich nur eine unter vielen sein soll. Ich hoffe, es öffnet Türen und trägt zu einer Selbstverständlichkeit von Frauen in der DJ-Booth bei, die wiederum andere Frauen dazu animiert, es ihnen gleichzutun, ohne sich als Exotinnen fühlen zu müssen. Auch soll das Programm aufzeigen – surprise, surprise! – wieviele tolle und aktive Frauen es im Nachtleben bereits gibt und dass man sie bei einem nächsten Mal ruhig berücksichtigen soll, statt dem immer selben DJ den Vortritt zu lassen. Diversität ist das wichtigste einer jeden Branche, und solange diese noch fast ausschliesslich aus Männern besteht, kann sich unsere Gesellschaft nicht zum Guten ändern.
Soviel zu unserem Dezemberbooking, zu dem wir uns kurz nach dem legendären Frauenstreiktag am 14. Juni entschieden haben. Eigentlich handelt es sich aber in erster Linie um einen weiteren Monat mit tollen Acts bei uns im kleinen Sender an der Kurzgasse 4. Ich freue mich!
Christian Gamp, Vereinspräsident GDS.FM
Das Programm wird hier laufend aufgeschaltet.